Von Hanspeter Bundi in DIE ZEIT, 1. August 2013
Der Autor Hanspeter Bundi über dem Grimselstausee, 2013
Lawinen sind die Menschen in Guttannen gewohnt.
Doch gegen die Murgänge, die seit einigen Jahren ihr Dorf am Grimsel
bedrohen, sind sie machtlos. Es ist Zeit, um Abschied zu nehmen.
Albert von Bergen, den hier alle Albi nennen, zeigt die Bedrohung mit den Händen. Die Innenflächen nach oben gerichtet, sodass die Schwielen und die feinen Risse gut zu sehen sind, hebt er seine klobigen Pranken so langsam und sanft an, als ob er ein Lamm oder ein kleines Kind ans Licht halten wollte. »Die Murgänge haben das
Aarebett um zwölf Meter angehoben«, sagt der Mechaniker, Schäfer und Jäger. Wenn nochmals einige Meter dazukommen, ist sein Haus dran – und später auch der Weiler Boden. Das sind zehn Häuser mit etwa 30 Bewohnern. Drei Millionen Kubikmeter Geröll, sagen die Fachleute, liegen noch oben in den Hängen des Ritzlikorns. Damit ließen sich fast 40 Fußballfelder zehn Meter hoch zuschütten. Alle sagen, dass wohl kaum alles auf einmal kommen werde.
Vor allem hoffen sie es. Denn dass es kommen wird, daran zweifeln nur wenige hier.